Wir müssen die neuen europäischen Bankenvorschriften durch eine Kapitalmarktunion vervollständigen. Um die Finanzierung unserer Wirtschaft zu verbessern, sollten wir die Entwicklung und Integration der Kapitalmärkte weiter vorantreiben. Dies würde die Kapitalbeschaffung insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen verbilligen.
Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, 15. Juli 2014
Mit diesen Worten beschrieb Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, das Vorhaben einer Kapitalmarktunion. Nach wie vor gilt die im September 2015 mit einem Aktionsplan vorgestellte Kapitalmarktunion als das politisch bedeutsamste Projekt der Europäischen Kommission und des Rates in der Finanzmarktpolitik. Ziel ist ein Kapitalbinnenmarkt, der insbesondere zu mehr grenzüberschreitender Risikoteilung sowie einer größeren Vielfalt an Finanzierungsquellen für die Realwirtschaft beiträgt. Die Hauptmaßnahmen des Projektes sollen bis 2019 in Angriff genommen werden.
Der Aktionsplan führt sechs Ziele auf:
Hintergrund: Anders als in den USA nimmt der Kapitalmarkt bei der Unternehmensfinanzierung in vielen Ländern der Europäischen Union eine nach wie vor untergeordnete Rolle ein. Denn traditionell finanzieren sich Unternehmen in Europa über Banken. Künftig sollen insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) den Kapitalmarkt verstärkt nutzen, um ihre Investitionen zu finanzieren.
Neben der Kapitalversorgung der Realwirtschaft soll die Kapitalmarktunion auch zur gesamtwirtschaftlichen Stabilisierung beitragen. „Die Jahre 2008/2009 haben drastisch vor Augen geführt, welche Folgen eine Krise, die sich zunächst auf Banken beschränkte, auch für die Realwirtschaft haben kann. Der Zugang zu Kapitalmärkten als alternative Refinanzierungsquelle zum Bankenmarkt kann in solchen Situationen stabilisierend wirken“ erläutert Horst Fittler, Hauptgeschäftsführer des BDL.
Dabei nehmen Verbriefungen eine zentrale Rolle ein. „Dieses Instrument stellt eine gute Möglichkeit zur Refinanzierung am Kapitalmarkt dar. Allerdings sind Verbriefungen in der Krise stark in die Kritik geraten, die Märkte haben einen heftigen Einbruch erlitten“, führt Fittler weiter aus.
Vor diesem Hintergrund versuchen Rat, Kommission und Parlament eine Wiederbelebung, die neuen Anforderungen und Sicherheitsaspekten genügen soll. Um das Vertrauen der Anleger zu stärken, sollen einfache und transparente sowie standardisierte (STS-Produkte) von übrigen Verbriefungsprodukten abgegrenzt werden.
Verbriefungen sind auch für deutsche und europäische Leasing-Unternehmen ein wichtiges Refinanzierungsinstrument. Dies bestätigen auch BDI und DIHK in ihrer Stellungnahme zum Konsultationsdokument der Europäischen Kommission „Capital Markets Union Mid-Term Review 2017“ vom 17. März 2017 (S.8):
Die Verbriefung von Leasingforderungen über ABCP könnte mithelfen, die Refinanzierung des Leasinggeschäfts, das als Finanzierungsinstrument für Unternehmen immer wichtiger wird, zu unterstützen.
Bei den Trilog-Verhandlungen (Rat, Europäisches Parlament, Kommission) konnte am 30. Mai 2017 eine Einigung erzielt werden. Der BDL begrüßt das Übereinkommen, den Risikoselbstbehalt bei fünf Prozent zu belassen. „Vorschriften, wie sie zunächst im Gespräch waren, mit einer Erhöhung des Risikoselbstbehalts auf zehn Prozent oder mehr des Nominalwertes der verbrieften Forderungen, hätten das Bemühen konterkariert, den Verbriefungsmarkt durch STS-Produkte zu beleben“, kommentiert der BDL-Hauptgeschäftsführer.
„Die aktuellen Eigenkapitalunterlegungsanforderungen sind allerdings für Verbriefungen selbst bei STS-Anerkennung abschreckend“, stellt Fittler klar. Bei Einhaltung der STS-Kriterien sollte für Banken und Versicherungen mindestens der Status Quo erhalten bleiben. „Wünschenswert ist jedoch eine Eigenkapitalentlastung.“ Mit Blick auf die Zielsetzung der Kapitalmarktunion ist nun entscheidend, wie die STS-Kriterien definiert werden. „Die Kriterien sollten einen möglichst breiten Zugang – für Unternehmen und Objektgruppen – zu diesem Instrument gewährleisten.“
Bislang liegt noch kein finaler Text der Einigung vor. „Wie zu hören ist, scheint die Handhabung des STS-Regelwerks die Leasing-Branche vor eine sehr hohe Hürde zu stellen“, führt Fittler aus. „Es scheint geplant zu sein, dass die Eigenkapitalunterlegung für die Liquiditätslinien der Banken zu einer deutlich höheren Eigenkapitalanforderung führen soll. Dabei ist gar nicht sicher, ob der STS-Status bei Leasing-ABCP bei den künftigen Kriterien überhaupt noch erreicht werden kann.“
Der BDL-Hauptgeschäftsführer resümiert: „Damit würde die EU der Leasing-Branche einen wichtigen Markt verschließen, was in Folge die Versorgung der Unternehmen mit attraktiven Leasing-Angeboten erschweren oder sogar einschränken könnte.“